Interessierte Kollegen oder Menschen, die bisher nicht mit E-Sport in Berührung gekommen sind, stellen oftmals die gleiche Frage: Was macht man eigentlich als Anwalt im E-Sport? Die Antwort lautet: Die Aufgaben im E-Sport sind vielfältig, spannend, manchmal gewöhnlich, aber vor allem bereiten sie enormen Spaß. – In diesem Beitrag gebe ich einen Überblick zur Arbeit eines Anwalts im E-Sport.
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Die Arbeit eines Rechtsanwalts im E-Sport bestimmt sich in erster Linie nach den Wünschen und Anfragen der Mandanten. Dabei spielt es eine große Rolle, ob der Mandant eine E-Sport-Agentur ist, ein (Profi-)Spieler, ein Team bzw. eine Organisation oder ein Veranstalter von E-Sport-Wettbewerben. Die Beratungsschwerpunkte richten sich dann nach der Rolle und den Aufgaben des jeweiligen Mandanten in seinem E-Sport-Kosmos. Selbstverständlich gibt es darüber hinaus noch weitere Akteure wie professionelle Webseitenbetreiber im E-Sport, Wettanbieter etc.
Das E-Sportrecht ist eine Querschnittsmaterie, die aus verschiedenen Rechtsgebieten besteht. Es handelt sich hierbei nicht um ein komplett neues Rechtsgebiet, wofür der Bundestag ein E-Sport-Gesetz erlassen müsste. Auch wenn der E-Sport – verhältnismäßig – neue Probleme und Fragen aufwirft, können die bisherigen Rechtsgebiete gute Lösungen und Antworten liefern. Das „E-Sportrecht“ bildet ein Dach, unter dem bestimmte Aspekte der bestehenden Rechtsgebiete zusammengefasst werden. Es ist dieses Dach, das neu ist.
Als Anwalt im E-Sport beschäftige ich mich häufig mit den Rechtsgebieten Arbeitsrecht, Datenschutz, Jugendschutz, Markenrecht, Urheberrecht, Vereinsrecht sowie allgemein mit dem Zivilrecht etc. Entscheidend ist der präsentierte Sachverhalt. Eine Vereinsgründung etwa bewegt sich hauptsächlich im steuerrechtlichen Gemeinnützigkeitsrecht und – wenig überraschend – im Vereinsrecht. Ein Spielervertrag zum Beispiel erfordert Rechtskenntnisse im Arbeitsrecht oder Auftragsrecht.
Die Arbeit als E-Sportanwalt splittet sich in zwei große Kernbereiche auf. Das sind zum einen die klassische Rechtsberatung und zum anderen die Vertretung des Mandanten nach außen. Die anwaltliche Rechtsberatung umfasst die Erstellung von Verträgen im E-Sport, also das Vertragsrecht, die Beantwortung von Fragen bei einer Vereins- oder Unternehmensgründung sowie den Entwurf der entsprechenden Satzungen. Bei der bloßen Rechtsberatung werde ich nicht für den Mandanten gegenüber Dritten tätig.
Dies ist anders bei der anwaltlichen Vertretung. Besteht ein Konfliktfall, vertrete ich die rechtlichen Interessen meiner Mandanten auch nach außen. Das kann gegenüber anderen Personen, Vereinen und Unternehmen im E-Sport sein, aber auch gegenüber allen anderen natürlichen und juristischen Personen (außergerichtliche Vertretung). Die Annahme eines Mandats mache ich nicht von der Person des rechtlichen Gegners abhängig, es sei denn, der rechtliche Gegner ist zuvor Mandant bei mir gewesen. In diesem Fall läge ein berufsrechtlicher Interessenskonflikt vor.
Die außergerichtliche Vertretung kommt aber nicht nur in einem Konfliktfall in Betracht. Wenn beispielsweise „harmlose“ Korrespondenz mit Geschäftspartnern geführt werden soll, wird diese Tätigkeit ebenfalls übernommen.
Manchmal sind die Fronten zu sehr verhärtet, weshalb eine einvernehmliche Lösung nicht möglich ist. Dann kann sich ein Konfliktfall in eine Konfrontation wandeln und es läuft auf eine streitige Verhandlung hinaus. In diesem Fällen vertrete ich meine Mandanten ebenfalls – viele Anwälte vermeiden mittlerweile die Vertretung ihrer Mandanten gegenüber Dritten. Häufig trete ich dann für meine Mandanten in Verfahren vor Behörden, Gerichten und anderen Institutionen wie der Datenschutzbehörde auf. Insofern wird von einer gerichtlichen Vertretung gesprochen.
Die weit überwiegenden Fälle eines Rechtsanwalts im E-Sport liegen jedoch in der Rechtsberatung und der außergerichtlichen Vertretung. Ein Hauptanwendungsfall ist die Erstellung von Spielerverträgen für professionelle Teams oder solchen, die professionell spielen wollen. Dabei gibt es keinen Standardvertrag, da die Inhalte und Vorstellungen der Mandanten bisher immer unterschiedlich waren. Auch wenn es Standardklauseln gibt, die in jeden guten Vertrag gehören, so sollen zeitlicher Aufwand der Spieler für Training, Wettbewerbe und Werbeveranstaltungen einerseits und Vergütung durch Monatspauschalbeträge oder Preisgelder andererseits stets unterschiedlich geregelt werden. Besonders wichtig in einem Vertrag sind Lizenzfragen wegen des Rechts am eigenen Bild der Spieler.
Anwaltlicher Beratungsbedarf besteht oftmals auch bei der rechtskonformen Durchführung von E-Sport-Veranstaltungen. Hier kommen verschiedene rechtliche Aspekte zusammen, die zu beachten sind. Zu nennen sind zum Beispiel das Datenschutzrecht wegen möglicher Bild- und Videoaufnahmen während eines Turniers, das Jugendschutzrecht bei bestimmten Spieletiteln bzw. Disziplinen sowie das Recht der Veranstalter, Sequenzen des Spiels oder das gesamte Spielgeschehen (kommerziell) zu nutzen, zu streamen und anderweitig zu veröffentlichen.
Schließlich treten viele Mandanten an mich heran, weil sie Unterstützung bei der Gründung des eigenen Unternehmens oder des eigenen Vereins benötigen. Das fängt an bei der Erstellung wichtiger Rechtsdokumente wie Satzungen oder Gesellschaftsverträgen, geht weiter über Fragen zur Haftung der Organisation bzw. des Vereins sowie deren handelnden Personen und endet bei einem rechtssicheren Webseitenauftritt. Manchmal ist das Erstaunen groß, wo überall leichte und schwere Fehler gemacht werden können.
Aus rechtlicher Perspektive kann zusammenfassend festgestellt werden, dass es sich beim E-Sport um einen Wirtschaftszweig wie andere handelt. Und das geltende Recht war auf die Ankunft des E-Sports gut vorbereitet (bis auf das Jugendschutzrecht). Aus persönlicher Sicht ist der E-Sport ein spannendes Feld, das sich in einer Entwicklung befindet. Das E-Sportrecht zeichnet sich durch eine eigene Dynamik in einem jungen Umfeld aus. Es macht einfach Spaß, an der Gestaltung vom E-Sport in Deutschland teilnehmen zu können.
Dr. Oliver Daum, Rechtsanwalt (Kiel)