12. Dezember 2022

Liebe Bundesregierung, wir müssen über E-Sport reden!

Die Bundesregierung gewährte kürzlich einen tiefen Einblick in ihr Inneres zum Thema Games und E-Sport. In dem 21-seitigen Dokument informiert sie die Öffentlichkeit über Strategien, Maßnahmen und zukünftige Ziele für den Standort Deutschland. Doch genauso wie die Vorgängerregierung fremdelt die Scholz-Regierung mit dem E-Sport. Warum? Liebe Bundesregierung, wir müssen über E-Sport reden!

Lesedauer: ca. 4 Minuten (810 Wörter)

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Zunächst möchte ich mich für das aufschlussreiche Statement bedanken. Schön ist, dass die Bundesregierung die Games-Branche als „digitalen Frontrunner“ bezeichnet. Computerspiele hätten sich „als Innovator für den Technologietransfer etabliert“ und ermöglichen sozialen Austausch, Kommunikation, Inklusion und Teilhabe. Dieser Meinung bin ich auch. Es ist erfreulich, dass diese Wertschätzung für die Games-Branche nunmehr politischen Ausdruck erhält, der bisher unausgesprochen blieb. Da der E-Sport ein Teilbereich der Games-Branche ist, entnehme ich dem Statement, dass diese Anerkennung auch auf den elektronischen Sport zutrifft. Bedauerlich ist nur, dass den Worten keine Taten folgen werden.

Ich hatte gehofft, dass mit dem Umzug des Games-Referats in das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) neuer Schwung in die Baustelle „E-Sport in Deutschland“ kommen würde. Wenn aber die Zuständigkeiten für Games und E-Sport von insgesamt fünf (5) verschiedenen Bundesministerien bzw. Bundesbeauftragten geteilt werden muss, führt dies nicht zu einer schnelleren und effektiveren Entscheidungsfindung. Das beste Beispiel hierfür ist die Gemeinnützigkeit des E-Sports, die bereits seit mehr als vier Jahren anhängig ist. Könnte hier nicht eine Konzentration der Zuständigkeiten versucht werden?

In diesem Zusammenhang drängt sich mir auch die Frage auf: Warum hat sich das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt(!) mit Digitalisierung, Games und E-Sport zu befassen?

"Beeinträchtigtes Verantwortungsbewusstsein"

Bei der Lektüre des Statements von November 2022 (Aktenzeichen: BT-Drs. 20/4533), mit dem die Bundesregierung auf insgesamt 93 Fragen antwortet, ist mir positiv aufgefallen, dass „Killerspiele“ und First-Person-Shooter nicht thematisiert wurden. Stattdessen zeigt sich die Regierung überraschend gut up-to-date wenn es um Lootboxen, Belohnungselementen in Games sowie den resultierenden persönlichen Folgen exzessiven Spielens von PC-Games geht. Denn die Gefahren, die mit PC-Spielen verbunden sind, können nicht (mehr) allein dem E-Sport angelastet werden. Das sollte nunmehr bei jeder Diskussion hierzu berücksichtigt werden!

Ein wenig antiquiert klingt hingegen die folgende Behauptung:

Eine über eine gewisse Dauer anhaltende Vernachlässigung anderer Lebensbereiche [außerhalb des Spielens] kann die Entwicklung des Verantwortungsbewusstsein [] beeinträchtigen.“

Was sich genau unter „Verantwortungsbewusstsein“ verstehen lässt und wie es zu dieser kühnen Schlussfolgerung gekommen ist, verrät die Bundesregierung nicht.

E-Sport? Kein Plan.

Im Bereich Games wurde bereits viel geleistet: Es gibt zum Beispiel eine offizielle Strategie der Bundesregierung (Link) – auch wenn diese noch aus der Zeit von Andreas Scheuer (CSU) stammt. Es wurde eine Computerspielförderung des Bundes ins Leben gerufen, wofür im Bundeshaushalt 2023 insgesamt 70 Mio. € reserviert sind. Auch die jährliche Verleihung des Deutschen Computerspielpreises sponsert der Bund (seltsam ist nur, dass in der Vergangenheit nicht alle Preisträger ihre Preisgelder abgerufen haben). Das Statement liest sich so, als wäre die Bundesregierung im Bereich Games durchaus aktiv.

Selbst unter Zugrundelegung jeglicher Naivität kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass mit dem E-Sport hier stark gefremdelt wird. Auf die wichtige Frage nach geplanten Maßnahmen, um den E-Sport in Deutschland international wettbewerbsfähiger zu machen, antwortet die Bundesregierung:

  1. zusätzliche erleichterte Einreisebestimmungen im Profibereich
  2. Weiterentwicklung des E-Sport-Standortes Deutschland
  3. Gemeinnützigkeit

Gemessen an der Bedeutung der Frage und der Wertschätzung für den E-Sport ist diese Antwort eine Ungebührlichkeit. Zunächst stellt sich mir die Frage, ob die Stakeholder überhaupt Bedarf an weiteren erleichterten Einreisebestimmungen angemeldet haben. Nur wenn dies der Fall ist, könnte zweitens die Frage diskutiert werden, ob dieses Vorhaben eine Schwerpunktmaßnahme bilden sollte. Die angekündigte Weiterentwicklung des E-Sport-Standortes Deutschlands ist schwammig und inhaltsleer. Sie ist – ehrlich gesagt – planlos. Diese Planlosigkeit zeigt sich auch darin, dass es keine eigene E-Sport-Strategie gibt, die ich bereits 2021 gefordert habe (Link).

Keine Gemeinnützigkeit des E-Sports

Was die Anerkennung der Gemeinnützigkeit angeht, besteht eine unerfreuliche Kontinuität zur Vorgängerregierung. Ich bezweifle ganz stark, dass es der jetzigen Bundesregierung gelingen wird, für die Gemeinnützigkeit des E-Sports zu sorgen, wenn ich das hier lese:

Inhalt und Zeitplan gesetzlicher Maßnahmen zur Gemeinnützigkeit von E-Sport stehen noch nicht fest.

Die Gemeinnützigkeit ist das seit Jahren den politischen E-Sport beherrschende Thema. Warum sind immer noch keine Maßnahmen geplant? Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ist schließlich auch im Koalitionsvertrag angekündigt worden. Dass mit dieser Frage eine Dringlichkeit verbunden ist, weil Sportvereinen, die E-Sport anbieten, der Verlust der Gemeinnützigkeit droht, ist der Bundesregierung bekannt. Dass die Bundesregierung dem E-Sport im professionellen Bereich darüber hinaus keine Unterstützung zusagt, gerät dabei fast zur Randnotiz.

Fazit

Im Gegensatz zur Games-Branche dominiert im E-Sport-Bereich Tatenlosigkeit. Dem E-Sport wird nicht die Aufmerksamkeit und Hingabe gewidmet, die ihm gebührt. Es wäre wünschenswert, wenn die Bundesregierung mit offenen Karten spielt und ihre Bedenken, die nunmehr kaum zu bestreiten sind, zur öffentlichen Diskussion stellt. Dies ist meiner Meinung nach nötig, um unter Spielern, Vereinen, Stakeholdern & Co. für Verständnis zu werben. Auf Grundlage des Koalitionsvertrages ist die Bundesregierung das dem E-Sport-Volk schuldig.

Abschließend möchte ich noch einmal meine Bitte wiederholen und um Feedback in Form von Likes, Follows, Kommentaren, Teilen oder Retweets in den Sozialen Medien bitten, wenn Dir der Beitrag gefallen hat. Denn nur durch Ihre Reichweite kann E-Sportrecht.de weiter kostenlos angeboten werden.

Dr. Oliver Daum, Anwalt im E-Sport (Kiel)

*Du bist Funktionär oder Stakeholder im E-Sport und interessierst Dich für E-Sportpolitik? Oder Du möchtest Dich hierzu austauschen? Dann nimm gerne unter info@e-sportrecht.de Kontakt zu mir auf. Bei Bedarf halte ich auch Vorträge zu diesem und anderen Themen im E-Sport. Komm‘ einfach auf mich zu!

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