Das politische Versprechen, dem E-Sport die Gemeinnützigkeit anzuerkennen, besteht bald seit 6 Jahren. Doch passiert ist bislang nichts. Für E-Sportvereine und Sportvereine, die E-Sport anbieten wollen, besteht eine große Rechtsunsicherheit. Warum ist hier immer noch keine Lösung in Sicht? Steckt die Gemeinnützigkeit in der Koalitionsfalle? Ein Kommentar.
Lesedauer: 3 Minuten (ca. 660 Wörter)
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In Deutschland gibt es zwischen 1,5 und 4,5 Mio. aktive E-Sportler. Je nach Schätzung. Belastbare Zahlen gibt es nicht. Feststeht aber, dass die gesellschaftliche Bedeutung des E-Sports in Deutschland in den vergangenen Jahren enorm zugenommen hat und weiter zunehmen wird.
Das spüren auch die traditionellen Sportvereine. Diese bieten in den Vereinsräumen immer mehr E-Sport an, um ihrem Mitgliederschwund entgegenzuwirken. Das ist gut, weil wir Sportvereine brauchen! Denn sie übernehmen wichtige Vitalfunktionen unserer Gesellschaft, weshalb der Staat es ihnen auch mit Ehrungen und Anerkennung dankt. Eine spezielle Form der Anerkennung ist die der Gemeinnützigkeit: Sportvereine erhalten Steuervergünstigungen, weil sie den Sport fördern. So steht es in der Abgabenordnung. Das Problem ist nur: Sportvereine, die E-Sport anbieten, fördern damit nicht den Sport, sondern eben E-Sport und setzen ihre Gemeinnützigkeit aufs Spiel (inklusive drohender Steuernachzahlungen!). Und reine E-Sportvereine gehen ohnehin gänzlich leer aus.
Diese Problemzone ist der Bundesregierung bekannt. Schließlich stand schon im Koalitionsvertrag von März 2018, dass „E-Sport künftig vollständig als eigene Sportart mit Vereins- und Verbandsrecht“ anerkannt werden soll. Selbst Skeptiker haben hierin die Ankündigung der Gemeinnützigkeit des E-Sports gesehen. Doch die Koalitionäre von CDU/CSU und SPD blieben trotz zahlreicher Erinnerungsrufe aus der Branche während der gesamten Legislaturperiode untätig. Zum Schluss hieß es sogar lapidar, es bestünde keine „Notwendigkeit für Gesetzesänderungen“ (Link).
Also richteten sich die Hoffnungen der Branche auf die neue Ampel-Regierung. Denn auch SPD, Grüne und FDP haben den E-Sport in ihrem Koalitionsvertrag bedacht. „Wir machen E-Sport gemeinnützig“ schallt es klar und unüberhörbar aus dem aktuellen Vertrag. Das war im November 2021, also vor mehr als zwei Jahren. Doch passiert ist bislang nichts.
„Wir machen E-Sport gemeinnützig“ schallt es klar und unüberhörbar aus dem aktuellen Vertrag. Das war im November 2021, also vor mehr als zwei Jahren.
Der E-Sport ist (immer) noch nicht gemeinnützig. Und aus der Ampel-Koalition dringen nur noch vereinzelte Durchhalteparolen heraus. Die unter Jurastudenten bekannte klausurtaktische Beruhigungsformel „Problem erkannt – Gefahr gebannt“ gilt scheinbar nicht für Sport- und E-Sportvereine.
Woran liegt das? Seit Beginn der neuen Regierung hat es selbstverständlich dringendere Aufgaben gegeben als die Gemeinnützigkeit des E-Sports. Das ist richtig und wichtig. Gleichwohl mögen Verdrießliche vereinfacht fragen, ob eine Änderung der Abgabenordnung oder des Anwendungserlasses so schwer sein kann. Kaum vorstellbar. Steckt der E-Sport also in der Koalitionsfalle? Fremdelt etwa die an beiden Koalitionen beteiligte SPD mit dem elektronischen Sport?
Über die wahren Beweggründe kann ich selbstverständlich nur spekulieren. Denn die Ampel-Regierung ist der Branche bis heute eine Erklärung schuldig geblieben, weshalb sie immer noch keine Entscheidung über die Gemeinnützigkeit erzielen konnte. Ein möglicher Grund für die mittlerweile erhebliche Verzögerung könnte ethischen Ursprungs sein. Die vergangene Diskussion um Ego-Shooter hat Spuren hinterlassen. Für die Politiker ist nicht absehbar, ob eine staatliche Anerkennung dieser Disziplinen den gesellschaftlichen bzw. sportlichen Werten zuwiderläuft und am Ende mehr Wählerstimmen kostet als sie einbringt.
Ein weiterer möglicher Grund könnte juristischen Ursprungs haben. Die Abgrenzung zwischen E-Sport und Gaming ist noch nicht klar gezogen. Da aber E-Sport ein Teilbereich des Gaming ist, und nur der E-Sport gemeinnützig sein soll, ist eine Abgrenzung unumgänglich. Diese setzt wiederum voraus, dass zunächst beide Begriffe inhaltlich mit Leben gefüllt bzw. definiert werden. Zwar gibt es bereits erste Versuche, „E-Sport“ zu definieren (Link). Allerdings sind hierbei noch zu viele Fragen offen, die einer finalen politischen Entscheidung über die Gemeinnützigkeit des E-Sports entgegenstehen.
Für die Politiker ist nicht absehbar, ob eine staatliche Anerkennung dieser Disziplinen den gesellschaftlichen bzw. sportlichen Werten zuwiderläuft und am Ende mehr Wählerstimmen kostet als sie einbringt.
Die Zeit ist jedoch gekommen, die offenen Fragen zu beantworten und die Hindernisse zu beseitigen. Es ist an der Ampel-Koalition ihr Versprechen wahr zu machen und dem E-Sport die Gemeinnützigkeit anzuerkennen, die diese innovative Branche verdient. Die Sport- und E-Sportvereine, zusammen mit Millionen von E-Sportlern, warten auf die benötigte Rechtssicherheit. Lasst uns nicht nur die Tradition ehren, sondern auch den Fortschritt willkommen heißen.
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Dr. Oliver Daum, Anwalt im E-Sport (Kiel), Fachanwalt IT-Recht, zertifizierter Datenschutzbeauftragter (IHK Kiel)
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