Männer dominieren im E-Sport – aber heißt das auch, dass sie besser spielen? Gibt es geschlechterspezifische Leistungsunterschiede? Ja, die gibt es! Doch sie haben nichts mit kognitiver Überlegenheit zu tun. Männliche Spieler sind zwar erfolgreicher als weibliche (und solchen dazwischen und außerhalb), aber nicht besser. Warum das so ist und was der E-Sport nicht vom Schach lernen kann, erfahrt Ihr in diesem Blogbeitrag.
Lesedauer: 4 Minuten (ca. 830 Wörter)
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Nicht viel hält sich im E-Sport so hartnäckig, wie die Verfechter, dass es geschlechterspezifische Leistungsunterschiede gäbe. Gemeint ist damit nichts anderes, als dass männliche E-Sportler leistungsfähiger, besser oder erfolgreicher usw. sind als weibliche E-Sportlerinnen (und solchen dazwischen und außerhalb). Hinter dieser Auffassung steckt der Gedanke, dass männliche E-Sportler eine vermeintliche höhere kognitive Leistungsfähigkeit aufweisen würden als die übrigen Geschlechter, da E-Sport primär kognitive Leistungen erfordert – und keine körperlichen.
Doch ist das richtig? Sind männliche E-Sportler leistungsfähiger als die anderen Geschlechter? Gibt es dafür Argumente? Falls ja: Gibt es auch Argumente dagegen? – Dieser Beitrag gibt einen kleinen Einblick in diese Diskussion und beantwortet die Frage, ob es im E-Sport Leistungsunterschiede zwischen den Geschlechtern gibt. Meine Antwort auf die Frage lautet: „Ja, aber …“ und hat es in sich.
Um die Frage der geschlechterspezifischen Leistungsunterschiede zu beantworten, muss zunächst geklärt werden, was „Leistung“ bzw. „leistungsfähiger“ bedeutet. „Leistungsfähiger“ heißt, dass männliche E-Sportler entweder erfolgreicher oder besser sind als andere. Wie lässt sich dann aber zum Beispiel der Erfolg im E-Sport messen? Erfolg oder „erfolgreicher“ ließe sich wie folgt messen: Wenn eine Person A häufiger als Person B an prestigeträchtigen Turnieren teilnimmt (und gewinnt), durchschnittlich höhere Preisgelder erzielt und viele Jahre durchgängig in Profi-Teams spielt, dann kann geschlussfolgert werden, dass die Person A erfolgreicher als Person B. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass Person A auch besser ist.
„Besser sein“ meint, dass eine Person in den Spielen oder im direkten Vergleich die besseren Ergebnisse erzielt und gegen eine andere Person gewinnt. Um im Beispiel zu bleiben: Obwohl Person B nicht wie Person A in einem professionellen Team spielt oder große Turniere gewinnt, kann Person B besser sein. Person A kann erfolgreicher sein, Person B kann aber der/die bessere E-Sportler*in sein.
Die Differenzierung zwischen erfolgreicher und besser ist wichtig für die Frage, ob es geschlechterspezifische Leitungsunterschiede gibt. Denn die professionellen Teams bestehen mehrheitlich aus männlichen E-Sportlern und die großen Preisgelder werden ebenfalls mehrheitlich von männlichen E-Sportlern gewonnen. Dadurch entsteht die – zugegeben nachvollziehbare – Wahrnehmung, dass männliche E-Sportler im Durchschnitt erfolgreicher sind als weibliche E-Sportlerinnen. Daher besteht durchaus ein geschlechterspezifischer Leistungsunterschied dahingehend, dass männliche E-Sportler erfolgreicher sind als weibliche.
Doch der Grund dafür, dass männliche E-Sportler erfolgreicher sind, liegt nicht daran, dass sie höhere kognitive Leistungen erbringen können als alle anderen. Vielmehr sind die männlichen E-Sportler im Vergleich zu den weiblichen und anderen E-Sportler*innen insbesondere im Profi-Bereich überrepräsentiert: Es gibt schlichtweg mehr männliche E-Sportler. Damit ist auch die Wahrscheinlichkeit höher, dass ein männlicher E-Sportler den Sprung in ein Profi-Team schafft und Preisgelder gewinnt etc.
Die Ursachen für das zahlenmäßige Ungleichgewicht der Geschlechter im E-Sport sind vielfältig und nicht Gegenstand dieses Beitrages. Dennoch sind als mögliche Ursachen u. a. toxisches Verhalten, Sexismus, Mangel an Vorbildern, mangelnde Unterstützung, Auswahl der E-Sporttitel zu nennen. Diese Ursachen führen dazu, dass weibliche E-Sportlerinnen und andere gehemmt sein können, E-Sport professionell, oder gar überhaupt, zu betreiben.
Hieran schließt sich der zweite Teil der Frage an: Sind männliche E-Sportler auch besser? Wäre dies der Fall, könnte dies nur auf höhere kognitive Leistungsfähigkeiten bei den männlichen E-Sportlern zurückgeführt werden. Doch das ist weder wissenschaftlich erwiesen noch sprechen die besseren Argumente für einen solchen Leistungsunterschied. Im Ergebnis sind männliche E-Sportler also nicht besser als weibliche E-Sportlerinnen und solchen dazwischen und außerhalb. Doch warum existieren dann (im Off des E-Sports) scheinbar so viele Stimmen, die sagen, dass männliche E-Sportler besser sind als alle anderen?
Ein mögliches Argument hierfür könnte aus dem Schach abgeleitet werden. Es gibt viel weniger Schach-Großmeisterinnen als Großmeister. Zudem gibt es im deutschen Schach eine Bundesliga für Männer und eine Bundesliga für Frauen. Diese strukturellen Unterschiede könnten als Begründung herangezogen werden, dass Männer im Schach besser sind als Frauen. Da Schach, genauso wie E-Sport, rein kognitive Leistungen erfordert, wäre eine Analogie zum E-Sport nicht mehr weit.
Doch das Schach-Argument verfängt nicht. Auch im Schach sind die weiblichen Spielerinnen seit Jahrzehnten zahlenmäßig unterrepräsentiert. Deshalb besteht für weibliche Schachspielerinnen in der Folge auch seltener die Gelegenheit und Wahrscheinlichkeit, Schach-Großmeisterin zu werden.
Als Fazit lässt sich somit festhalten, dass im E-Sport durchaus geschlechterspezifische Leistungsunterschiede existieren. Aber … es muss differenziert werden: Männliche E-Sportler sind zwar erfolgreicher als weibliche E-Sportlerinnen und solchen dazwischen und außerhalb. Sie sind aber nicht besser als weibliche E-Sportlerinnen, weil sie über keine höheren kognitiven Leistungsfähigkeiten verfügen.
Es gilt, Hemmschwellen für weibliche E-Sportlerinnen und besonders deren zahlenmäßige Unterpräsenz abzubauen. Dies ist eine Herausforderung für die gesamte Branche. Vorbildlich sind hier die Equal eSports Initiative der esports player foundation und der VFL Osnabrück mit seinem rein aus weiblichen und non-binären Spielenden bestehendem Team für die Virtuelle Bundesliga. Es kann nicht das Ziel sein, einen geschlechterspezifischen E-Sport zu haben. Hier erscheint die Trennung der Bundesligen für Manner und Frauen im Schach aus der Zeit gefallen.
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Dr. Oliver Daum, Anwalt im E-Sport (Kiel), Fachanwalt IT-Recht, Datenschutzbeauftragter (IHK), IT-Sicherheitsbeauftragter (IHK)
*Du bist E-Sportlerin oder E-Sportler oder non-binär und hast Fragen zu den geschlechterspezifischen Unterschieden im E-Sport oder zu einem anderen Thema im E-Sport? Dann nimm gerne unter info@e-sportanwalt.de Kontakt zu mir auf. Bei Bedarf halte ich auch Vorträge zu diesem und anderen Themen im E-Sport. Komm‘ einfach auf mich zu!