20. Juni 2022

Deutschlands erstes Urteil im E-Sport

Es ist ein starkes Zeichen gegen Hatespeech und Toxicity: Im März 2022 sprach das Landgericht Kiel das wohl erste Urteil im deutschen E-Sport. Geklagt hatte ein Mitglied des bekannten FIFA-Duos „PIPE-CREW“ wegen Beleidigung. Es war ein langer Prozess mit dem besseren Ausgang für den Kläger. Wie das Verfahren verlaufen ist und wozu der Beklagte im Ergebnis verurteilt wurde, steht in diesem Blogbeitrag.

Lesedauer ca. 4 Minuten (690 Wörter)

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Beleidigungen auf Video aufgenommen

Am 30. März 2022 verkündete das Landgericht Kiel (Az: 17 O 248/20) wohl Deutschlands erstes Urteil im E-Sport.* Hierbei ging es um eine persöhnliche Beleidigung, die ein FIFA-Streamer öffentlich per Twitch über meinen Mandanten, einem Mitglied der PIPE-CREW, äußerte. Was dem beklagten FIFA-Streamer dabei zum Verhängnis wurde: Seine Äußerungen – die hier nicht wiederholt werden sollen – wurden aufgenommen und konnten so später als Beweismaterial in den Prozess eingeführt werden. Das Ergebnis aber, dass mein Mandant den Fall auch gewinnt, war keinesfalls vorprogrammiert.

*Es ist mutmaßlich deswegen das erste E-Sporturteil in Deutschland, weil es zuvor keine Entscheidung gab, in der es ausdrücklich um „E-Sport“ ging.

Die Schwierigkeiten begannen bereits damit, dass der FIFA-Streamer kein Impressum bei Twitch angegeben hatte. Um aber jemanden nach deutschem Recht abzumahnen, wird der Klarname und die Anschrift benötigt. Normalerweise wäre also noch (heute gibt es schnellere Möglichkeiten) ein Verfahren vorzuschalten gewesen, in dem Twitch per Gerichtsbeschluss zur Auskunft der persönlichen Daten des FIFA-Streamers verpflichtet worden wäre. Ein solches Verfahren wäre zwar zuverlässig gewesen, aber langwierig. Uns ist es hingegen schneller und einfacher gelungen, an seine Daten zu kommen. Dadurch sind aber selbstverständlich die Kosten gestiegen.

Abmahnung des FIFA-Streamers

Der FIFA-Streamer, der immerhin ca. 14.000 Follower bei Twitch hatte, konnte im Juli 2020 per anwaltlichem Schreiben abgemahnt werden. In der Abmahnung ging es darum, dass er durch seine Äußerungen im Stream gegen die Persönlichkeitsrechte des PIPE-CREW-Mitglieds verstoßen hat. Mit der Abmahnung wurde der FIFA-Streamer gleichzeitig aufgefordert, zwei Forderungen zu erfüllen:

  1. Abgabe einer Erklärung, dass er die Äußerungen unter Androhung einer Vertragsstrafe künftig unterlässt
  2. Zahlung der anwaltlichen Abmahnkosten

Der abgemahnte FIFA-Streamer erfüllte diese Forderungen aber nicht. Daher musste kurzerhand im August 2020 geklagt werden. Ob er damit gerechnet hat, ist unklar. Jedenfalls sollte ein anwaltliches Abmahnschreiben immer ernst genommen werden.

Während des sich anschließenden Gerichtsverfahrens wurden Zeugen vernommen, Videoausschnitte angesehen und viele Schriftsätze ausgetauscht. Mit einer Dauer von 19 Monaten war das Verfahren – im Nachhinein betrachtet – recht lang. Da das Urteil aber mittlerweile rechtskräftig ist, wird es keine weitere Verlängerung in Form einer Berufung oder gar Revision geben.

3.500 € on top

Mit Erhebung der Klage haben wir zugleich die Forderungen gegenüber dem Beklagten noch einmal erhöht. Am Ende hat das Landgericht Kiel den FIFA-Streamer wie folgt verurteilt:

  1. Verpflichtung, die Äußerungen unter Verhängung eines Ordnungsgeldes bis max. 250.000 € (oder Ordnungshaft) zukünftig zu unterlassen
  2. Zahlung eines Schmerzensgeldes von 800 € an meinen Mandanten
  3. Zahlung der anwaltlichen Abmahnkosten
  4. Zahlung aller Gerichts- und Anwaltskosten im Verfahren

Hinzu kamen noch die Forderung nach Schmerzensgeld und die Zahlung der Gerichts- und Anwaltskosten. Diese bemessen sich nach dem Streitwert, der auf 6.000 € festgesetzt wurde.

Unter dem Strich wurde der Beklagte also zur Zahlung von insgesamt 4.400 € verurteilt. Dass das für ihn eine teure Erfahrung war, zeigt ein Vergleich mit den anwaltlichen Abmahnkosten: Wäre der Beklagte bereits auf die ersten, vorgerichtlichen Forderungen eingegangen, hätte er lediglich 870 € zahlen müssen. Somit kamen aber durch das Gerichtsverfahren noch einmal ca. 3.500 € on top.

Bewusstsein schaffen gegen Hatespeech und Toxicity im E-Sport

Das Urteil ist ein starkes Zeichen gegen Hatespeech und Toxicity im E-Sport und im Internet. Es ist wichtig, Beleidigungen und Verletzungen von Persönlichkeitsrechten – ganz gleich welcher Art – nicht einfach hinzunehmen. Vielmehr sollte dagegen vorgegangen werden und öffentlich hierüber berichtet werden. Denn nur durch Berichte kann bei den Übeltätern und Übertäterinnen ein Bewusstsein geschaffen werden, dass Hatespeech und toxisches Verhalten nicht sanktionslos bleiben.

Abschließend möchte ich noch einmal meine Bitte wiederholen und um Feedback in Form von Likes, Follows, Kommentaren, Teilen oder Retweets in den Sozialen Medien bitten, wenn Dir der Beitrag gefallen hat. Denn nur durch Ihre Reichweite kann E-Sportrecht.de weiter kostenlos angeboten werden.

Dr. Oliver Daum, Anwalt im E-Sport (Kiel)

*Du bist E-Sportler oder Opfer von Hatespeech oder toxischem Verhalten im Internet geworden und interessierst Dich für das Thema? Dann nimm gerne unter info@e-sportrecht.de Kontakt zu mir auf. Bei Bedarf halte ich auch Vorträge zu diesem und anderen Themen im E-Sport. Komm‘ einfach auf mich zu!

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