29. Juli 2024

Prozessbericht: Wenn der E-Sport-Manager das Preisgeld behält

Dieser Fall tritt im deutschen E-Sport wahrscheinlich häufiger auf, als öffentlich bekannt ist. Ein professionelles Team arbeitet mit einem Manager zusammen. Dafür gründet er extra ein Unternehmen. Doch die erspielten Preisgelder behält der Manager anschließend für sich und zahlt die Teammitglieder nicht aus. Was man dagegen tun kann und wie das Landgericht Kiel kürzlich so einen Fall entschieden hat, steht in diesem Blogbeitrag.

 Lesedauer: 5 Minuten (ca. 970 Wörter)

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Es begann im Sommer 2020, als sich vier talentierte E-Sportler aus dem DACH-Raum zusammengetan haben und ein Team in PUBG: Battlegrounds gründeten. Der ambitionierte Plan sah vor, möglichst erfolgreich an internationalen Turnieren und Wettbewerben teilzunehmen, um die zum Teil hohen Preisgelder zu gewinnen. Und tatsächlich erspielte sich das Team innerhalb von wenigen Wochen ca. 20.000 € an Preisgeldern, zuzüglich Erlöse aus dem Verkauf von Merch im fünfstelligen Bereich. Das Team war in der PUBG-Profi-Szene angekommen.

Die Anmeldung zu den lukrativen Turnieren ist für die Teams allerdings mit einer juristischen Formalität verbunden. Denn viele Veranstalter setzen ein im Handelsregister eingetragenes Unternehmen voraus. Das Unternehmen fungiert dann als einziger Ansprechpartner für den Veranstalter und als Vertreter des Teams. Auch die Gelder werden typischerweise auf ein Konto des Unternehmens überwiesen. Hierbei unterliegt das Unternehmen aber der Maßgabe des Veranstalters, das Geld an die Mitglieder des Teams weiterzuleiten. Der Grund für diese Formalität ist leicht ersichtlich: Die Veranstalter sind um Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit in der ansonsten unbeständigen E-Sport-Branche bemüht.

UG (Unternehmergesellschaft) als Haftungsschild

Aus diesem Grund arbeitete das PUBG-Team mit einem Manager zusammen, der hierfür eigens eine Unternehmergesellschaft (UG) gründete. Eine UG ist schnell und kostengünstig zu haben: Mit einem Stammkapital von nur 1 € belaufen sich die Gründungskosten auf maximal 500 €. Im Gegenzug erhält die UG dann eine Nummer in einem deutschen Handelsregister und ist in den Augen der Veranstalter vertrauensvoller Geschäftspartner. Es kann also relativ einfach sein, die Voraussetzungen der Veranstalter zu erfüllen.

Das Besondere an dieser Konstellation ist, dass mit der UG eine eigene juristische Person geschaffen worden ist. Und diese hat die Fähigkeit, eigene Verträge etc. abzuschließen. Handelt also der Manager fortan nur noch im Namen der UG, haftet auch nur diese für ein mögliches Fehlverhalten des Managers („Haftungsschild“). Und wenn die UG dann wegen Fehlverhaltens in Haftung genommen würde, aber nicht genügend Vermögen hat, um ggf. Schadensersatz zu zahlen, geht der Gläubiger komplett leer aus. Denn auch die Haftung des Managers mit seinem Privatvermögen scheidet aufgrund des Haftungsschildes grundsätzlich aus.

"Die Herausforderung lag darin, den Sachverhalt beweisbar zu machen."

Nach dem Gewinn der ersten Preisgelder zahlte der Manager den PUBG-Teammitgliedern – abgesehen von geringfügigen Zahlungen – nichts aus. Stattdessen beschwichtigte er sie mit Entschuldigungen und Erklärungen. Gegen Ende 2023 wurde dann auf Antrag eines Teammitgliedes ein gerichtlicher Mahnbescheid erlassen. Das war wichtig, weil ansonsten die Verjährung der Ansprüche drohte. Anschließend wurde das streitige Verfahren vor dem Landgericht Kiel (2. Versäumnisurteil vom 16. Mai 2024, Aktenzeichen: 6 O 42/24) geführt. Am Ende verurteilte das LG Kiel die UG zur Zahlung von über 30.000 € und der Kosten des Verfahrens.

Das Problem des Falles war nicht, das Gericht von unseren juristischen Standpunkten zu überzeugen. Die besondere Herausforderung lag vielmehr darin, den Sachverhalt zu strukturieren und beweisbar zu machen. Dabei war u. a. die Seite www.liquipedia.net von großer Hilfe. Bei der Beweisbarkeit haben wir die Ansprüche auf das Teammitglied, das geklagt hatte, übertragen und uns so einer bekannten Taktik im Zivilprozess bedient. Am Ende war der Sachverhalt schlüssig und für die wesentlichen Punkte konnten Beweismittel angeboten werden.

Schwarze Schafe im E-Sport …

Dieser Fall verdeutlicht die häufigen Probleme im deutschen E-Sport: Vertragsbruch, mangelndes Bewusstsein, sich Rechtsrat einzuholen, und Unzuverlässigkeit tragen zu den hausgemachten Schwierigkeiten der Branche bei. Daher werden im Folgenden drei Tipps gegeben, damit sich Akteure besser gegen die schwarzen Schafe schützen können:

  1. rechtzeitig Rechtsrat einholen
  2. Zuverlässigkeit von Geschäftspartnern prüfen
  3. Zugriff auf Bankkonto erhalten

Einer der wichtigsten Punkte ist die rechtzeitige Einholung von Rechtsrat. Es ist allgemein bekannt, dass die Tätigkeit eines Anwalts teilweise mit hohen Kosten verbunden ist. Doch viele Fragen lassen sich bereits in einem Erstberatungsgespräch klären, für das die meisten Anwälte max. 250 € berechnen. Zur Frage, ab wann bzw. mit welchen Problemen es sich lohnt, einen Anwalt aufzusuchen, gibt es eine Faustregel: Immer dann, wenn es um Geld von mehr als ca. 1.000 € geht, sollte ein Anwalt befragt werden.

… und wie man sich davor schützen kann

Sehr wichtig ist es auch, sich Informationen über seine möglichen Geschäftspartner einzuholen (Background Check). Diese Informationen können zum Beispiel von anderen Akteuren der Branche stammen oder aus Internetforen. Relevant sind insbesondere die amtlichen Dokumente einer UG oder einer GmbH sein, die im Handelsregister abrufbar sind. Daraus ergeben sich u. a. die Höhe des Stammkapitals, die Identitäten der beteiligten Gesellschafter sowie die Befugnisse des Geschäftsführers etc. Eine jahrelange Bekanntschaft oder Freundschaft jedenfalls geben keine verlässliche Auskunft darüber, ob jemand professionell handeln und mit Geld umgehen kann!

Der dritte Tipp ist speziell auf das Verhältnis Team/E-Sportler und Manager zugeschnitten. Sofern an das Team und die E-Sportler vom Veranstalter mögliche Preisgelder und sonstige Erlöse ausgezahlt werden, sollten die Zahlungen auf ein gemeinsames Bankkonto erfolgen. Das bedeutet, dass mindestens ein vertrauensvolles Teammitglied unbeschränkten Zugriff auf das Konto haben sollte. Es ist nicht erforderlich, dass der Manager das Unternehmenskonto, auf das nur er Zugriff hat, bei der Anmeldung zu den Turnieren angibt. Bei gemeinsamen Konten kann das Konto auch so eingestellt werden, dass Zahlungen und Überweisungen immer von beiden Kontoberechtigten durchgeführt werden müssen.

Fazit

Der Fall ist ein Beispiel dafür, dass ein Minimum an Professionalität vorhanden sein sollte, wenn Akteure im bzw. mit dem E-Sport Geld verdienen. Dass dies jedoch leider nicht immer der Fall ist, zeigt das Verfahren vor dem Landgericht Kiel. Entscheidend ist, rechtzeitig Vorsorge zu betreiben und die o. g. Tipps – selbstverständlich sind diese nicht abschließend – zu berücksichtigen.

Auch interessant: Prozessbericht zum neuen Urteil im E-Sport (2023)

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Dr. Oliver Daum, Anwalt im E-Sport (Kiel), Fachanwalt IT-Recht, Datenschutzbeauftragter (IHK), IT-Sicherheitsbeauftragter (IHK)

*Du bist E-Sportler, Geschäftsführer oder Funktionär in einer Orga und hast Fragen zu Verträgen oder Management im E-Sport? Dann nimm gerne unter info@e-sportanwalt.de Kontakt zu mir auf. Bei Bedarf halte ich auch Vorträge zu diesem und anderen Themen im E-Sport. Komm‘ einfach auf mich zu!

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