Der E-Sport ist von den Anti-Corona-Schutzmaßnahmen genauso infiziert wie andere Bereiche des täglichen Lebens auch. Der elektronische Sport liegt weitgehend brach. Doch Corona macht auch deutlich, worauf es im E-Sport ankommt und hat tatsächlich auch etwas Positives!
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Als Anwalt im E-Sport habe ich in der letzten Zeit des Öfteren zu hören bekommen: „Du musst momentan ja viel zu tun haben. E-Sport boomt doch bestimmt gerade, oder?“ Leider nein! Der E-Sport ist genauso vom Coronavirus betroffen wie andere Bereiche der Gesellschaft, des Sports und der Wirtschaft auch. Dem E-Sport geht es nicht besser, auch wenn er einen Wettbewerbsvorteil hat.
Sicherlich gibt es Branchenzweige, die sich mehr oder weniger unbeeindruckt durch die Corona-Krise manövrieren lassen, wie zum Beispiel In-Game-Verkäufe. Mit den E-Sport-Wetten gibt es sogar Corona-Profiteure: Die Wetteinsätze haben sich vom herkömmlichen Sport hin zum E-Sport merklich verschoben (hier ein Beitrag zur Frage, ob Wetten im E-Sport legal sind).
Corona trifft den E-Sport hart
Nichtsdestotrotz sind die Auswirkungen der Corona-Krise auf den E-Sport nahezu überall spürbar. Wegen der Kontaktsperre können Teams nur noch online zusammen trainieren. Wichtige Face-to-Face-Gespräche über Taktiken und Strategien oder auch wertvolle Team-building-Maßnahmen sind derzeit nicht oder nur eingeschränkt möglich. Zudem wurden öffentlichkeits- und publikumswirksame Veranstaltungen wie die Grand Finals der Virtuellen Bundesliga in FIFA20 abgesagt. Die für dieses Wochenende in Budapest geplanten League of Legends European Championship (LEC) Spring Finals werden nur online ausgetragen.
Konferenzen, Podiumsdiskussionen und politische Veranstaltungen, und damit auch die Aufklärungsarbeit zum Thema E-Sport in Deutschland, liegen momentan komplett brach. Stille Zeugen hierfür sind die Social-Media-Accounts der wortführenden Vereine und Verbände des E-Sports, die kaum noch Meldungen in eigener Sache verzeichnen können.
Besonders hart trifft es die E-Sportler von Greuther Fürth. Aufgrund der Corona-Krise haben Sponsoren ihre Finanzierungszusagen zurückgezogen. Die frischgebackene Erfolgsstory des diesjährigen Tabellenzweiten der VBL Club Championship steht damit wieder unmittelbar vor dem Aus.
Corona hat aber tatsächlich etwas Positives!
Zugegeben, es fällt schwer, den Anti-Corona-Schutzmaßnahmen etwas Positives abzugewinnen. Zu tiefgreifend sind die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen, mit denen der E-Sport durch die Maßnahmen konfrontiert ist. Das Coronavirus führt dem E-Sport aber auch deutlich vor Augen, was den E-Sport ausmacht: Seine Abhängigkeit von der analogen, körperlichen Welt!
Denn der E-Sport ist keine Erscheinung, die rein parallel in der digitalen Welt stattfindet. Genauso wie Rockkonzerte, Stadtfeste oder Veranstaltungen des herkömmlichen Sports ist auch der E-Sport vom Offlinebetrieb und den leibhaftigen Kontakten seiner Akteure abhängig. Selbst für die letzten Skeptiker sollte damit die Mär vom isolierten Kellerkind endgültig widerlegt sein.
Das Positive an dieser Erkenntnis ist, dass sie die Aufmerksamkeit auf die Fangemeinde als die eigentliche Schlüsselperson des E-Sports Weg lenkt. Ohne Fans gibt es keine Grand Finals in der Virtuellen Bundesliga und auch keine LEC Spring Finals in Budapest. Schließlich sind sie es, die die großen und profitablen Turniere und Wettbewerbe, die nur in der körperlichen Welt veranstaltet werden können, auch stattfinden lassen. Ohne Fans und Zuschauer, die Geld für Eintrittsgelder und Merchandise ausgeben, ruhen die großen Bühnen der E-Sportler und damit auch die Podien der Konferenzen und Diskussionen.
Bundesliga Home Challenge als guter Lückenfüller
Im Gegensatz zu den herkömmlichen Sportarten hat der E-Sport aber den entscheidenden Wettbewerbsvorteil, dass – wenn auch eingeschränkt – Training, Wettbewerbe und Turniere auch in Zeiten von Corona weitergeführt werden können. So finden unter anderem mit den LEC Spring Finals in den Studios in Berlin und der Bundesliga Home Challenge gegenwärtig hochkarätige Wettbewerbe statt. Doch beide Veranstaltungen waren bzw. sind nur online. Auch wenn die von der Deutschen Fußball Liga veranstaltete Bundesliga Home Challenge als Lückenfüller ohne finanzielle Absichten gedacht war, entgehen den (übrigen) Veranstaltern Einnahmen aus dem Ticketverkauf und Sponsorverträgen in Millionenhöhe.
Nun mögen romantisch veranlagte E-Sportler eine Rückbesinnung auf den reinen E-Sport, der wie früher nur online und ohne Kommerz betrieben wird, durchaus befürworten. Diese Sichtweise lässt jedoch außer Acht, dass der Schritt in die körperliche Welt eine Errungenschaft des E-Sports ist. Seine gesellschaftliche, politische und sportliche Akzeptanz ist zwangsläufig und unvermeidbar verbunden mit der gleichzeitigen Kommerzialisierung des E-Sports.
Ergebnis: Dran bleiben!
Die Corona-Krise trifft die gesamte Branche hart, mit wenigen Ausnahmen. Gerade für eine so junge Szenebranche wie dem E-Sport besteht die Gefahr, dass Corona sich zum Neckbreaker entwickelt. Staatliche Fördermittel, wie die Corona-Soforthilfe für Unternehmen, sind realistischer Weise nicht zu erwarten. Der E-Sport muss die Dürrezeit aus eigener Kraft überstehen.
Niemand kann absehen, wann der E-Sport wieder richtig Fahrt aufnehmen kann. Darum muss es heißen: „Dran bleiben und Flagge zeigen!“ Es ist gut, wenn der E-Sport während der Corona-Krise durch online veranstaltete Turniere und Wettbewerbe ein Lebenszeichen erhält.
Dr. Oliver Daum, Rechtsanwalt (Kiel)