Wenn Spieler „gebannt“ werden, kann dies zu Unrecht sein. Eine Beschwerde beim Publisher bringt oftmals nichts. Und einen Anwalt einzuschalten, wegen der Sperrung eines Accounts, lohnt sich nur selten. Am Ende stehen die Gamer und E-Sportler dem Ban weitgehend schutzlos gegenüber. Das könnte sich jetzt ändern: Denn der Bundesgerichtshof hat Neues entschieden!
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Die meisten Gamer und E-Sportler wissen, was ein Ban ist. Ein Ban leitet sich vom englischen Wort „to ban“ ab, was u. a. mit „verbannen“ übersetzt werden kann. Ein Ban wird entweder temporär ausgesprochen, das heißt über einen bestimmten Zeitraum von Tagen oder Wochen. Oder er wird auf Dauer verhängt, also bis auf Weiteres. Dabei wird der Account des Spielers gesperrt oder gelöscht und ihm so die Möglichkeit genommen, den Titel zu spielen. Für Profi-Streamer und Influencer (weitere Infos), die mit einem bestimmten Spiel ihren Lebensunterhalt verdienen, kann ein Ban schon mal enorme wirtschaftliche Folgen haben.
Eher zum Hintergrundwissen zählt es, dass Gamer und E-Sportler, die sich für ein Spiel registrieren, mit dem Publisher einen Nutzungsvertrag oder Vertrag über Spieleleistungen abschließen – der genaue Name des Vertrages kann variieren. Jedenfalls entstehen durch den Vertrag auf beiden Seiten Pflichten: Der Spieler zahlt ggf. Geld (z. B. fees) an den Publisher und muss sich an die (Verhaltens-)Regeln des Publishers halten. Der Publisher im Gegenzug muss Zugang zum Spiel und ggf. zu den „erkauften“ Zusatzfunktionen (z. B. bestimmte Modi, Maps etc.) gewähren. Es ist ein Geben und Nehmen.
Mit den Bans, egal ob temporär oder dauerhaft, bestrafen die Publisher Fehlverhalten ihrer Gamer und E-Sportler. Auch wenn es ein ehrenwertes Ziel ist, einen reibungslosen Spielegenuss auf der Grundlage von Respekt und FairPlay zu ermöglichen, finden sich in den Nutzungsbedingungen der Publisher oftmals ganze Kataloge mit Dingen, die die Spieler falsch machen können. Aufgezählt werden unter anderem
Die Listen sind lang und können auf den Webseiten der Publisher eingesehen werden. Beispielhaft werden hier die Nutzungsbedingungen von UBISOFT (Link) und Riot Games (Link) genannt.
Dass Publisher Bans gegenüber ihren Nutzern aussprechen, ist rechtlich konsensfähig. Die Probleme liegen vielmehr woanders: Zum einen stellt sich die Frage, ob die Publisher eigene Verhaltensregeln aufstellen dürfen, deren Missachtung zu einer Strafe bzw. zu einem Ban führt. In der Konsequenz bedeutet das nämlich, dass die Publisher ein eigenes Wertesystem aufbauen, das von den staatlichen Gesetzen stark abweichen könnte.
Zum anderen ist das Verfahren, wie es zu einem Ban kommt, problematisch. Wenn dem Publisher Verstöße gegen die Nutzungsbedingungen bekannt werden, wird zwar nicht gleich ein Ban verhängt. Aber wenn es wiederholt oder zu schwerwiegenden Verstößen kommt, wird der Spieler vor Verhängung des Bans häufig lediglich informiert. Den Spielern wird dabei keine weitere Möglichkeit gegeben, die Sperrung des Accounts im Vorfeld rechtlich zu verhindern. Damit stehen sie dann weitgehend schutzlos dem Publisher gegenüber.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat aber kürzlich ein Urteil in Sachen „Facebook“ gefällt (BGH, Urt. v. 29.07.2021, Az: III ZR 192/20, III ZR 179/20). Darin hat der BGH zwei grundlegende Punkte geregelt, die auch auf den Gaming- und E-Sportbereich übertragbar sind. Zusammengefasst hat der BGH Folgendes festgestellt:
Das BGH-Urteil ist auch ein Fingerzeig für Bans im Gaming und E-Sport. Demnach dürfen Publisher zwar grundsätzlich ihr eigenes Verhaltens- und damit Wertesystem etablieren. Offengelassen wurde jedoch die Frage, wie weit Publisher von den gesetzlichen Regeln abweichen dürfen. Darüber hinaus wurde bestätigt, dass Publisher Bans aussprechen dürfen. Allerdings müssen sie dabei auch eine Rechtsschutzmöglichkeit einrichten.
Die nachstehenden Mindestanforderungen an die Rechtsschutzmöglichkeiten müssen eingehalten werden: Die Spieler müssen über den Ban vorab lediglich informiert werden. Nur nachträglich müssen sie eine Stellungnahme abgeben dürfen, wonach die Entscheidung des Bans neu geprüft wird. Es ist wahrscheinlich, dass die Anforderungen an die Rechtschutzmöglichkeiten zukünftig strenger formuliert werden. Jedenfalls genügen die Nutzungsbedingungen von UBISOFT und Riot Games diesen Mindestanforderungen gegenwärtig nicht.
Das BGH-Urteil hat zwar das Recht des Gaming und E-Sports weiter ausgeleuchtet. Allerdings bleiben noch wichtige Fragen unbeantwortet. So ist zum Beispiel offen, ob die Überprüfung des Bans von einer anderen Person bzw. einem anderen Gremium durchgeführt werden muss als die originäre Entscheidung. Zudem müssen die Auswirkungen von Bans auf Profi-Streamer und Power-Spieler, die mit den Titeln Geld verdienen und gebannt wurden, weiter untersucht werden.
Dr. Oliver Daum, Anwalt im E-Sport (Kiel)
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