Die Äußerungen der Parteien in der Vergangenheit in Sachen E-Sport stützen sich auf eine Umfrage, die ich im Sommer 2020 durchgeführt habe (Link). Ich habe die Parteien des Bundestages um Stellungnahme zur Gemeinnützigkeit und Förderung des E-Sports gebeten. Das Ergebnis der Umfrage war:
Um es kurz zu machen: SPD, FDP und Grüne wollten das Optimum, das heißt, (1.) Förderung bzw. Gemeinnützigkeit (2.) des gesamten E-Sports. Demgegenüber wollten CDU/CSU, AfD und Linke nur eine Teilförderung. Doch das ist nicht alles. Aus der Umfrage geht auch hervor, dass sich die Regierungsparteien von CDU/CSU und SPD schon im Sommer 2020 uneinig über den weiteren Umgang mit dem E-Sport in Deutschland waren. Es überrascht daher kaum, dass die Große Koalition ihr Wahlversprechen, den E-Sport „künftig vollständig anzuerkennen“, nicht eingehalten hat (Link).
Doch die Umfrage ist Vergangenheit und es sind die Wahlprogramme, die die aktuellen Positionen der Parteien enthalten. Um diese richtig zu verstehen, ist es wichtig, was die Parteien zum Thema geschrieben haben. Oftmals genauso aufschlussreich ist aber zu erkennen, was die Parteien nicht geschrieben haben (obwohl sie es hätten können).
Zunächst zeichnen sich jedoch die Wahlprogramme von den Linken und der AfD für die erste Überraschung verantwortlich. Denn beide enthalten zum E-Sport, immerhin eines der drängendsten sportpolitischen Themen der vergangenen Monate, kein Sterbenswörtchen. Dass hingegen alle anderen Parteien dieses Thema aufgegriffen haben, zeigt einfach, dass beide Parteien ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Auch die Games- und Spieleentwicklerbranche findet bei der AfD und der Linken keine Erwähnung.
Dagegen widmen die Wahlprogramme von SPD und FDP dem E-Sport, zusammen mit Games, von allen Parteien die größte Aufmerksamkeit. Die SPD schreibt:
Die SPD spricht sich zwar für die Anerkennung des E-Sports als gemeinnützig aus. Auffällig ist aber, dass nicht ausdrücklich der gesamte E-Sport gemeinnützig werden soll, wie es noch im CDU/CSU-Koalitionsvertrag 2017-2021 stand. Da aber die bloße Teilförderung des E-Sports zuletzt heiß diskutiert wurde, hätte es einer eindeutigen Positionierung bedurft. Denn mit solchen Formulierungen ist die Befürchtung verbunden, dem DOSB am Ende doch zu folgen, ohne ein Wahlversprechen zu brechen.
Bei der FDP sieht es ähnlich aus. Dort legt man sich folgendermaßen fest:
Auch die FDP möchte die Gemeinnützigkeit des E-Sports. Allerdings vermeidet es auch die FDP, sich klar für den gesamten E-Sport auszusprechen. Damit bleiben beide Parteien bedauerlicherweise hinter ihren Positionen zurück, die sie noch im Sommer 2020 vertraten. Gleichwohl sind die Wahlprogramme von SPD und FDP in Sachen E-Sport das Beste, was wir haben, wie CDU/CSU und Grüne belegen.
Die CDU/CSU bekennt sich zum E-Sport wie folgt:
Das Bekenntnis von CDU/CSU zum E-Sport ist damit marginal. Weder ist vom gesamten E-Sport die Rede noch von der Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Der Passus ist vielmehr absichtlich so vage wie möglich gehalten, so dass er alles oder nichts bedeuten kann.
In diesen Tenor stimmen die Grünen ein. Dort heißt es im Wahlprogramm lediglich:
Im Gegensatz zur CDU/CSU soll der E-Sport zwar gemeinnützig werden, allerdings fehlt auch hier die Klarstellung, dass der gesamte E-Sport gefördert werden soll. Beide Parteien, die Grünen und die CDU/CSU, sind sehr schmallippig, wenn es um E-Sport geht.
Es hat also keine 12 Monate gedauert, bis sich keine Partei mehr das gegenwärtige Optimum, die Gemeinnützigkeit des gesamten E-Sports, auf die Fahnen schreiben möchte. Das war im Sommer 2020 noch anders. Es ist daher schon eine ernüchternde Überraschung, dass alle Parteien hinter den damaligen Ansichten und Äußerungen zurückbleiben. Offenbar ist der Widerstand gegen den E-Sport größer als gedacht.
Gemessen am roten Faden, besteht im Ergebnis die größte Wahrscheinlichkeit einer E-Sport-Förderung, wenn die SPD oder die FDP den zukünftigen Bundeskanzler*in stellen. Gute Chancen hat der E-Sport bei den Grünen und lediglich Chancen bei der CDU/CSU. Keine gute Wahl wären hingegen die Linke und die AfD.
Dr. Oliver Daum, Anwalt im E-Sport (Kiel)
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