Ein Lizenzsystem im E-Sport, mit dem der Zugang und die Teilnahme an Wettbewerben geregelt wird, gibt es noch nicht. Es gibt aber viele Vorteile, die ein solches Lizenzsystem mit sich bringen würde. Dieser Beitrag stellt erste Überlegungen für ein Lizenzspielersystem an und möchte damit einen Beitrag zur Entwicklung des E-Sport leisten.
Dieser Blogbeitrag basiert auf dem Fachaufsatz „Eine Lizenzordnung im E-Sport“, der in der SpoPrax 12.2021, S. 378-382 erschienen ist.
Lesedauer ca. 4 Minuten (910 Wörter)
Der E-Sport in Deutschland organisiert sich immer mehr. Der Grad an Professionalität nimmt stetig zu. Davon profitieren auch Spieler*innen und Fans. Ein wesentlicher Baustein auf dem Weg zu mehr Professionalität wäre ein Lizenzspielersystem, das disziplinübergreifend für alle Titel im E-Sport gilt. Ein derartiges Lizenzsystem gibt es im DACH-Raum noch nicht. Aber es könnte helfen, vorhandene Strukturen weiter auszubauen und die Organisation von Wettbewerben zu erleichtern. Im Ergebnis gibt viele Gründe, ein Lizenzspielersystem im E-Sport einzuführen.
Mit Lizenzspielersystem ist ein Regelwerk gemeint, das den Zugang zu und die Teilnahme von E-Sportler*innen und Teams an Wettbewerben regelt. Nicht gemeint ist hingegen die Übertragung von Nutzungsrechten an Bildern, Videos etc. auf die Veranstalter der Wettbewerbe oder auf andere Personen. Es gibt bereits Publisher und Veranstalter, die Regeln für ein Lizenzspielersystem aufgestellt haben. Positiv hervorzuheben hierbei sind aufgrund ihrer Detaildichte zum Beispiel die Nutzungsbedingungen der ESL Pro League (Link). Doch bei diesen Regelungen handelt es sich für gewöhnlich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die damit einseitig veränderbar sind und deren Einhaltung von den Publishern selbst überwacht werden.
Ein Lizenzspielersystem soll aber besseren Schutz bieten als die AGB der Publisher und Veranstalter. Dazu gibt es eine ganze Reihe von Vorteilen und Zwecken, die ein Lizenzsystem im E-Sport erfüllen würde. Zu nennen sind u. a.
Alle drei genannten Zwecke stünden der jungen E-Sportbranche gut zu Gesicht. Darüber hinaus gibt es im E-Sport besondere Begleiterscheinungen, die geballt nur dort zu finden sind. Ein Lizenzsystem sollte also auch die folgenden Zwecke abdecken:
Eine zahlenmäßige Erfassung würde dazu führen, das gesellschaftliche Gewicht des E-Sports in Deutschland messbarer zu machen. Das wiederum wirkt sich positiv auf das öffentliche Image aus. Die Fluktuation ist besonderes im semi-professionellen und Breitensportbereich ein Problem. Um die Fluktuation zu verringern, ist es notwendig, die Identifikation der E-Sportler*innen mit ihren Organisationen und Teams zu stärken. Ein probates Mittel hierzu wäre es, wenn der E-Sportler*in als „Lizenzspieler“ ausgezeichnet würde und das entsprechende Antragsverfahren zwingend von einer Organisation oder einem Team durchgeführt werden müsste.
Wichtig ist auch die Einführung eines unabhängigen Schiedsgerichts. Dadurch könnten verweigerte Spielerlizenzen und verhängte Bans, die nicht immer rechtmäßig sind (Link), von unabhängigen Experten überprüft werden. Nicht zu vernachlässigen ist schließlich die Aktivierung von Digitalisierungsmaßnahmen. Denn durch ein volldigitales Antragsverfahren wird eine Basis für weitere Entwicklungen geschaffen.
Was alles in einer Lizenzordnung zu regeln wäre, ergibt sich aus den o. g. Zwecken und den Gegebenheiten im E-Sport. Genauso wie im traditionellen Sport ist die Einteilung in Team- und Einzeldisziplinen zu empfehlen. Den Kern eines Lizenzsystems bildet jedenfalls die Regelung, wonach die Teilnahme der E-Sportler*innen an Wettbewerben von einer gültigen Spielerlizenz abhängig gemacht wird. Empfehlenswert für die Vergabe der Spielerlizenz wäre auch eine ärztliche Tauglichkeitsprüfung, die auf die Spezifika des E-Sports ausgerichtet wäre. Zumindest im Profibereich sinnvoll erscheint schließlich der Abschluss eines Spielervertrages als zwingende Voraussetzung, wie im Profifußball beispielsweise.
Weiter könnte es zur Voraussetzung gemacht werden, dass die Spielerlizenz nur von einer Organisation oder einem Team beantragt werden kann. In diesem Fall müssten diese selbst lizenziert bzw. registriert sein. Die Teamlizenz könnte nur eingetragenen Vereinen, GmbH oder Unternehmergesellschaften ab einem Stammkapital von 5.000 € erteilt werden. Das Ziel hierbei wäre, eine gewisse Stabilität und/oder wirtschaftliche Verlässlichkeit zu etablieren. Diese Grundlagen sind im E-Sport nicht immer vorhanden.
Der Umstand, dass es im E-Sport verschiedene Disziplinen gibt, wirkt sich auf die mögliche Festsetzung einer Transferperiode aus. Da die Wettbewerbe der Disziplinen jeweils zu unterschiedlichen Zeiten im Jahr stattfinden, würde eine starre Transferperiode – und damit analog eine feste Antragsfrist – erhebliche praktische Probleme aufwerfen. Dieser Vorschlag wäre daher abzulehnen.
Zusätzlich zu den Antragsvoraussetzungen müsste ein gemeinsamer, disziplinübergreifender Verhaltenskatalog mitsamt Sanktionen erarbeitet werden. Hierbei sollte besonderes Augenmerk auf den Sanktionskatalog gelegt werden. Es gilt, die Zusammenhänge zwischen Fehlverhalten und Strafen (wie temporäre Sperrung oder dauerhafter Entzug der Lizenz) so genau wie möglich zu beschreiben! Ob eine ausgesprochene Strafe auch zulässig ist, könnte dem unabhängigen Schiedsgericht zur Prüfung vorgelegt werden. Die Arbeiten der Esports Integrity Commission könnten hierfür als erfahrene Grundlage herangezogen werden.
Die praktische Umsetzung des Lizenzsystems wäre mit verhältnismäßig einfachen Mitteln zu erreichen. Es bedarf ein zentrales, volldigitalisiertes System, auf dem die Daten und personenbezogenen Daten der E-Sportler*innen gespeichert werden. Zur Vorbereitung eines Wettbewerbs erhalten die Publisher und Veranstalter dann Zugriff auf die Datensätze der E-Sportler. In dem System könnten die bisherigen Platzierungen, Punkte, Sanktionen, Transfers und Teilnahmen der E-Sportler*innen an Wettbewerben etc. hinterlegt werden. Selbstverständlich gilt dies nur, wenn die Vorgaben des Datenschutzes eingehalten würden.
Es gibt also gute Gründe für die Einführung eines Lizenzsystems im E-Sport. Das System würde zweifellos bestimmte administrative Maßnahmen erforderlich machen. Doch an deren Ende stünde ein in sich geschlossenes System, dass der Professionalisierung der gesamten Branche dienen würde.
Dr. Oliver Daum, Anwalt im E-Sport (Kiel)
*Du bist E-Sportler, Publisher oder Veranstalter und interessierst Dich für das Thema Lizenzspielersystem im E-Sport oder möchtest ein Lizenzsystem aufbauen? Dann nimm gerne unter info@e-sportrecht.de Kontakt zu mir auf. Bei Bedarf halte ich auch Vorträge zu Themen des E-Sports. Komm‘ einfach auf mich zu!