Lohnt die Gemeinnützigkeit im E-Sport?

Finanzämter haben erste E-Sportvereine bereits als gemeinnützig anerkannt. Dabei gibt es jedoch ein juristisches Problem: Der E-Sport ist gesetzlich noch ungeregelt. Daher stellt sich die Frage, ob es sich für E-Sportvereine lohnt, die Gemeinnützigkeit anzustreben. Dieser Beitrag erklärt, was Gemeinnützigkeit bedeutet und welche Vor- und Nachteile sie mit sich bringt.

Lesedauer: ca. 4 Minuten (930 Wörter)

In Deutschland gründen sich mehr und mehr E-Sportvereine und -organisationen. Doch nur ganz wenige haben vom Finanzamt den Status „gemeinnützig“ verliehen bekommen. Mit u. a. dem Leipzig eSports e. V., der Hamburger Sportjugend und IF(Game)SH e. V. aus Kiel gibt es zwar positive Beispiele. Allerdings erfolgte die jeweilige Anerkennung der Gemeinnützigkeit nicht auf der Grundlage des E-Sports, wodurch eine juristische Schieflage entstanden ist.

Für manche Akteure im E-Sport ist die Anerkennung jedoch gar nicht erstrebenswert, was verschiedene Gründe haben kann. Dieser Beitrag soll daher insbesondere (neu gegründete) E-Sportvereine einen Überblick darüber verschaffen, was Gemeinnützigkeit bedeutet sowie die Vor- und Nachteile darstellen.

Warum gibt es die Gemeinnützigkeit?

Mit der Gemeinnützigkeit möchte der Staat das Engagement von Privatpersonen fördern, wenn das Engagement der Gesellschaft zugutekommt. Gefördert wird in Form von Steuervergünstigungen. Allerdings sollen mit der Gemeinnützigkeit nicht die individuellen Personen begünstigt werden, sondern der Zusammenschluss der Personen, d. h. der Verein, die Organisation etc. Dabei ist es ein weit verbreiteter Irrglaube, dass nur eingetragene Vereine gemeinnützig sein können. Daneben können folgende Zusammenschlüsse als gemeinnützig anerkannt werden: nicht rechtsfähige Vereine, Aktiengesellschaften, GmbHs, Stiftungen etc.

Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ist strikt zu trennen von der Eintragung eines Vereins im Vereinsregister. Ist ein Verein eingetragen, darf er das Kürzel e. V. für „eingetragener Verein“ führen. Ein eingetragener Verein ist eine eigene juristische Person und kann, genauso wie Privatpersonen, Verträge abschließen, Verbindlichkeiten eingehen und vor Gericht klagen und verklagt werden. Ob er darüber hinaus auch gemeinnützig ist, und damit u. a. Steuervergünstigungen genießt, ist eine andere Frage.

Welche Vorteile hat die Gemeinnützigkeit?

Bei der Gründung eines E-Sportvereins (Link) stellt sich an einem gewissen Punkt die Frage, ob die Gemeinnützigkeit angestrebt werden soll. Die Vorteile können vielfältig sein. Neben möglichen weichen Faktoren wie gesellschaftlichen Renommees profitieren gemeinnützige Vereine und Organisationen gerade im steuerlichen Bereich. Der Verein genießt demnach entweder eine Komplettbefreiung von bestimmten Steuerarten wie der Körperschafts- und Gewerbesteuer oder es wird ein Freibetrag gewährt. Zudem können Trainer, Betreuer oder Vorstandsmitglieder, die vom Verein eine Aufwandsentschädigung oder die sog. Ehrenamtspauschale erhalten, diese Zahlungen von der Steuer absetzen.

Nicht zu unterschätzen ist auch der sog. Spendenabzug. Möchte eine Person den gemeinnützigen Verein mit einer Geld- oder Sachspende bedenken, kann er den Wert dieser Spende später als Sonderausgabe steuermindernd geltend machen. Darüber hinaus wird im außersteuerlichen Bereich die Gemeinnützigkeit oftmals zur Voraussetzung von öffentlichen Zuschüssen gemacht oder für die Befreiung von staatlichen Gebühren und Kosten – zum Beispiel bei der Anmeldung im Vereinsregister.

Welche Nachteile hat die Gemeinnützigkeit?

Mit der Gemeinnützigkeit entstehen auch rechtliche Pflichten, die Nachteile für E-Sportvereine mit sich bringen können. So dürfen die Vereinsgelder und -mittel ausschließlich für den in der Satzung festgelegten Zweck verwendet werden. Da zum Beispiel E-Sport und Skat nach dem Steuerrecht kein Sport sind, darf ein traditioneller Sportverein also kein Geld für E-Sport und Skat ausgeben. Weiter müssen die vereinnahmten Gelder bis zum Ende des übernächsten Jahres wieder ausgegeben werden (zeitnahe Mittelverwendung). Zwar sind Rücklagen erlaubt, aber nur in einem gewissen Umfang.

Verstößt ein Verein gegen diese Pflichten, riskiert er den Entzug der Gemeinnützigkeit. Der Entzug kann rückwirkend festgestellt werden. Das hätte zur Folge, dass für diesen Zeitraum die gewährten Steuervergünstigungen entfielen und der Verein die Steuerschulden zurückzuzahlen hätte. Auch wenn später die Gemeinnützigkeit neu beantragt werden könnte, kann der Entzug einen gut geführten Verein ruinieren.

Was ist das Problem mit dem E-Sport?

Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit bestimmt sich nach dem Steuergesetz der Abgabenordnung. In der Abgabenordnung ist aber (noch) nicht vorgesehen, dass Finanzämter den E-Sport als gemeinnützig anerkennen können. Und gegenwärtig sieht es auch nicht danach aus, dass sich dies in naher Zukunft ändern wird. Denn es fehlt der politische Wille auf Bundesebene, den gesamten E-Sport als gemeinnützig anzuerkennen (Quelle).

Daher greifen die Finanzämter auf eine juristische Konstruktion zurück. Die Gemeinnützigkeit der Vereine aus Leipzig, Hamburg und Kiel wurde auf der Grundlage der „Förderung der Jugendhilfe“ bzw. „Förderung der Kultur“ anerkannt. Ob das jetzt ein erster Schritt in die richtige Richtung ist oder ein komplett falscher Ansatz, wird sich zeigen.

Jedenfalls ist diese Konstruktion schief. Wessen Gemeinnützigkeit zur „Förderung der Jugendhilfe“ anerkannt wurde, darf die Vereinsgelder und -mittel streng genommen nur für Kinder und Erwachsene bis einschließlich 27 Jahren verwenden. Wenn ein E-Sportverein auch aktive Mitglieder hat, die älter als 27 Jahre sind, läuft der Verein Gefahr, dass die Gemeinnützigkeit wieder entzogen wird, mit den oben beschriebenen Folgen.

Lohnt sich die Gemeinnützigkeit?

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es sich für (junge) E-Sportvereine lohnt, die Gemeinnützigkeit anzustreben. Dies ist nicht pauschal zu beantworten. Die Vorteile der Gemeinnützigkeit sind ein starkes Argument dafür, sie anzustreben. Andererseits müssen sich die Vereine und Organisationen ggf. auf Nachfragen oder gar auf eine Auseinandersetzung mit dem Finanzamt einstellen, da die Abgabenordnung den E-Sport noch nicht erfasst. Um dann gegenüber dem Finanzamt zu bestehen, bedarf es Ressourcen und Know-how.

Sollte es zur vom ESBD beabsichtigten Anerkennung des gesamten E-Sports als gemeinnützig kommen, könnte die Gemeinnützigkeit dadurch für E-Sportvereine an Attraktivität gewinnen. Dadurch wäre auch die Entscheidung erleichtert, ob die Gemeinnützigkeit beantragt werden sollte. Gemeinnützigkeit heißt nicht nur, dass die Vereine von Steuervergünstigungen profitieren. Sie führt auch dazu, dass der E-Sport insgesamt gesellschaftlich mehr Akzeptanz finden würde. Gegenwärtig dürfte eine Bestandsaufnahme jedoch ergeben, dass der Weg zur Gemeinnützigkeit nicht für alle Akteure im E-Sport gangbar ist.

Dr. Oliver Daum, Anwalt im E-Sport (Kiel)

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