11. April 2023

Scheinselbstständigkeit im E-Sport – Bitte Lesen!

Scheinselbstständigkeit gibt es auch im E-Sport. Organisationen, E-Sportler, Content Creator und Social-Media-Manager wissen oftmals gar nicht, dass sie sich in einem illegalen Feld bewegen. Die Konsequenzen aber können existenzbedrohend sein. Was Scheinselbstständigkeit ist, Erscheinungsformen im E-Sport, Konsequenzen und Tipps zur Vermeidung stehen in diesem Blogbeitrag.

Lesedauer: ca. 4 Minuten (820 Wörter)

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Im E-Sport sind – wie in anderen Branchen auch – Verlässlichkeit und Planungssicherheit wichtige Erfolgsfaktoren. Ein Mittel hierzu sind rechtssichere Verträge. Organisationen schließen mit E-Sportler*innen (nachfolgend nur E-Sportler) Spielerverträge und Social-Media-Manager oder Content-Creator werden als freie Mitarbeiter oder Freelancer beschäftigt. Während Spielerverträge im Fulltime-Profibereich typischerweise als Arbeitsverträge geschlossen werden, sind diese im semi-professionellen E-Sport und im Bereich Social-Media/Content-Creator nicht immer gewünscht.

Arbeitsverträge sind für Organisationen dann attraktiv, wenn sie über Ort, Zeit, Art und Weise der Tätigkeiten der Arbeitnehmer frei entscheiden und Ihnen Weisungen erteilen wollen. Im Gegenzug müssen Arbeitgeber u. a. jedoch die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, den Kündigungs- sowie Mutterschutz und die Zahlungen von Sozialabgaben sicherstellen. Um diese zum Teil erheblichen Pflichten zu umgehen, ist es zulässig, wenn Organisationen eine andere Vertragsgestaltung wie z. B. Dienstverträge abschließen. Dabei treten die Beschäftigten dann als Selbstständige auf, denen eigentlich keine Weisungen oder andere strikte Vorgaben gemacht werden dürfen. Eigentlich!

Was bedeutet Scheinselbstständigkeit?

Denn bei der Scheinselbstständigkeit profitieren die Organisationen – ob beabsichtigt oder nicht – von den Vorzügen beider Verträge: der Weisungsbefugnis des Arbeitsvertrages und der Vermeidung der Pflichten als Arbeitgeber aus dem Dienstvertrag. Dieser Mix ist aber unzulässig. Selbstständige dürfen nämlich nicht als Arbeitnehmer behandelt werden.

Bei der Scheinselbstständigkeit wird also nur zum Schein ein Vertrag mit einem Selbstständigen geschlossen. In der tatsächlichen Praxis werden die Selbstständigen aber als weisungsgebundene Arbeitnehmer eingesetzt.

Für die Parteien im E-Sport gilt Folgendes: Wenn sie eine andere Vertragsgestaltung als den Arbeitsvertrag wählen, dann sollten insbesondere die Unternehmen und Organisationen darauf achten, dass sie faktisch nicht doch als Arbeitgeber auftreten. Konkret bedeutet das, dass sie den E-Sportlern, Content Creatorn oder Social-Media-Managern keine Weisungen erteilen oder sonstige strikte Vorgaben machen dürfen. Den Selbstständigen darf nicht die Freiheit genommen werden, weitestgehend selbst über die Ausübung ihrer Tätigkeit zu entscheiden.

Erscheinungsformen von Scheinselbstständigkeit im E-Sport

Im E-Sport ist den Parteien oftmals gar nicht bewusst, dass eine Scheinselbstständigkeit praktiziert wird. Um die Scheinselbstständigkeit feststellen zu können, sollten die Organisationen bzw. E-Sportler auf die folgenden Kriterien Acht geben:

  • Pflicht zur Teilnahme an Training, Wettbewerben etc.
  • konkrete Vorgaben von Trainer/Teamleiter zu Trainingsinhalten
  • kein geringer zeitlicher Umfang
  • Vergütung
  • kein Arbeitsvertrag

Wenn alle der vorgenannten Kriterien erfüllt sind, könnte dies den Verdacht der Scheinselbstständigkeit begründen. Dann sollten Maßnahmen ergriffen werden, um die Folgen der Scheinselbstständigkeit abzufedern.

Auch bei der Beschäftigung eines Content Creators oder Social-Media-Managers helfen bestimmte Merkmale, eine (ungewollte) Scheinselbstständigkeit ausfindig zu machen. Diese sind wie folgt:

  • die Organisation/das Unternehmen ist der einzige Auftraggeber
  • Vorgabe der Arbeitszeit und -ort
  • Vorgabe, wann und wie Urlaub genommen werden darf
  • weitere Tätigkeiten/Nebentätigkeiten sind genehmigungspflichtig
  • Pflicht zu Abgabe regelmäßiger „Leistungsberichte“

Wie bei E-Sportlern gilt auch bei den Content Creatorn und Social-Media-Managern, dass die genannten Merkmale keine Prüfung der Umstände des Einzelfalls ersetzen können.

Was droht bei Scheinselbstständigkeit?

Wenn beim zuständigen Rentenversicherungsträger der Verdacht aufkommt, es liege eine Scheinselbstständigkeit vor, kann eine entsprechende Prüfung angeordnet werden. Erhärtet sich der Anfangsverdacht, drohen empfindliche Konsequenzen. So können für die Dauer von bis zu vier Jahren die Beiträge der Sozialversicherung zurückgefordert werden. Bekam ein E-Sportler, Content Creator oder Social-Media-Manager in den vergangenen 24 Monaten jeweils 2.000 € ausgezahlt, beliefen sich die monatlichen Sozialversicherungsbeiträge auf ca. 410 €. Insgesamt müsste also ein Betrag von ca. 9.800 € zurückgezahlt werden. Zudem würde eine Neuberechnung der Steuern vorgenommen werden, weshalb auch eine Lohnsteuernachzahlung erfolgen könnte.

In etwa die gleiche Summe von 9.800 € würde auch auf die Organisation zutreffen. Im Falle der Scheinselbstständigkeit liefen „Arbeitgeber“ ebenfalls Gefahr, für maximal vier Jahre rückwirkend ihren Anteil der Sozialabgaben für den Arbeitnehmer entrichten zu müssen. Zudem kämen ggf. noch Bußgelder hinzu. Es ist klar, dass Scheinselbstständigkeit kein Kavaliersdelikt ist. Mitunter können die Nachforderungen sogar existenzbedrohend sein.

4 Tipps gegen Scheinselbstständigkeit im E-Sport

Die Verantwortung, die Scheinselbstständigkeit (und damit verbundene etwaige Nachzahlungen) auszuschließen, liegt bei den jeweiligen Parteien. Daher ist es ratsam, im Vorfeld der Geschäftsbeziehung bestimmte Maßnahmen zu ergreifen. Die folgenden vier Tipps können helfen:

  1. Einholen von Informationen über Scheinselbstständigkeit (das Lesen dieses Beitrages ist ein guter erster Schritt)
  2. rechtssichere Vertragsgestaltung bzw. Überprüfung bestehender Verträge
  3. Abrechnung von Pauschalbeträgen (und nicht nach Stunden)
  4. Wahrung der Selbstständigkeit insbesondere nach außen

Sollten Organisationen, E-Sportler, Content Creator & Co. unsicher sein, ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt, könnte ein Steuerberater oder Rechtsanwalt mit einer Überprüfung der gesamten Umstände beauftragt werden. Eine andere Möglichkeit besteht darin, ein Statusfeststellungsverfahren vom Rentenversicherungsträger durchführen zu lassen, um festzustellen, ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt.

Fazit

Nicht selten ist den Akteuren im E-Sport gar nicht bewusst, dass sie sich im illegalen Feld der Scheinselbstständigkeit bewegen. Dies gilt für die Organisationen und Selbstständigen gleichermaßen. Um Nachzahlungen von Sozialabgaben zu vermeiden, sollten also alle Akteure bei der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen – im eigenen Interesse – darauf achten, die Scheinselbstständigkeit auszuschließen.

Abschließend möchte ich noch einmal meine Bitte wiederholen und um Feedback in Form von Likes, Follows, Kommentaren, Teilen oder Retweets in den Sozialen Medien bitten, wenn Dir der Beitrag gefallen hat. Denn nur durch die Reichweite kann der Blog auf E-Sportanwalt.de weiter kostenlos angeboten werden.

Dr. Oliver Daum, Anwalt im E-Sport (Kiel), Fachanwalt IT-Recht, zertifizierter Datenschutzbeauftragter (IHK Kiel)

*Du bist CEO einer Organisation im E-Sport? Oder E-Sportler, Content Creator oder Social-Media-Manager und hast Fragen zur Scheinselbstständigkeit im E-Sport? Dann nimm gerne unter info@e-sportanwalt.de Kontakt zu mir auf. Bei Bedarf halte ich auch Vorträge zu diesem und anderen Themen im E-Sport. Komm‘ einfach auf mich zu!

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